Sie wohnt jetzt neben „den besten Zimtschnecken der Welt“, wie sie sagt, und ist: einfach nur glücklich. Nicht, dass sie es vorher, hier in Hameln, nicht war. „Doch ich wusste immer: Das kann es noch nicht gewesen sein.“ Als Tatjana somit Anfang des Jahres die Neustart-Taste in ihrem Leben drückt, verändert sich einiges für sie – und sie weiß: Das ist das, was sie immer machen wollte. Tanzen ist ihr Leben. „Ich lebe jetzt meinen Kindheitstraum.“
Ab zu DSDS und zum Schlagerboom
Wobei: Erstmal steht für Tatjana, die seit 2016 Tanzkurse in Hameln gegeben hat, selbst Training auf dem Programm. „Getanzt habe ich immer seit ich klein war, aber jetzt liegt auch der Fokus darauf, das hauptberuflich zu machen.“ Neben Köln ist Berlin DIE Stadt, in der sich die Tanzszene trifft. Wer hier an den großen Tanzschulen in den Dance Classes mitmacht, Kontakte knüpft und zeigt, was er oder sie kann, hat gute Chancen, mit dem Tanzen Karriere zu machen.
Tatjana weiß, wo sie hin möchte: auf Konzerttouren und ins Fernsehen. Für viele Shows wie DSDS, Schlagerboom oder andere Produktionen, werden Tänzer gesucht. Auf der Theaterbühne sieht sich eher nicht. Dafür unter anderem bei Ludwig Mond, Choreograf von TV Shows. Ein gutes Netzwerk hat sie durch die vielen Trainingsjahre bereits. Wobei sie selbst in den vergangenen Jahren mehr Training gegeben als selbst genommen hat.
Für ihre Tanzkurse fährt sie sechs Stunden mit der Bahn
Für den TC Hameln hat sie mehrere Kurse im Spiegelsaal in der Rattenfänger-Halle angeboten. Meist HipHop oder Commercial; in jedem Fall etwas, das ankam in Hameln. „Bis zu 75 Schülerinnen und Schüler von klein bis groß habe ich wöchentlich unterrichtet“, erzählt Tatjana. Auch, als sie nach der Schule in Hameln zum Studieren nach Essen geht, kommt sie wöchentlich nach Hameln, um ihre Kurse zu geben. Drei Stunden hin, drei Stunden zurück fährt sie mit der Bahn dann an einem Tag. Verrückt? Ja, verrückt nach Tanzen.
Die Rolle als Tanz-Trainerin, die sie eigentlich mehr durch Zufall übernimmt, macht ihr Spaß – gibt ihr aber letztlich nicht das, wonach sie gesucht hat. Nach acht Jahren ist nun Schluss im Spiegelsaal, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger, der ihre Kurse übernimmt, hat sie nicht gefunden. „Das macht mich schon traurig“, erzählt Tatjana. Mit Corona habe sich alles verändert, dann habe sie anfangs nur online Unterricht geben können, und habe die Zeit genutzt, um selbst auch wieder mehr zu trainieren und gemerkt: „Ich will noch mal selbst als Tänzerin durchstarten.“
Berlin ist in der Tanzszene der “Place to be”
Nicht nur HipHop, sondern auch Latein beherrscht Tatjana. Als Latein-Tänzerin hat sie früher an Turnieren teilgenommen, war erfolgreich und hat gelernt, ihren Körper zu beherrschen. Wenn Tatjana ihren Körper bewegt, ist das Kunst, Kunst mit dem Körper. Nicht nur im HipHop, sondern auch im Contemporary, im Jazz Dance und im Commercial lässt sie sich nun weiter ausbilden, trainiert dafür nahezu täglich in Berlin – „dem Place to be in der Tanzszene“. Hier ist sie nun präsent, hier kann sie sich bewerben und in die Shows und TV-Produktionen reinkommen. Noch hat sie es nicht bis in eine Endrunde geschafft, aber nächstes Jahr, so sagt Tatjana, wird es bestimmt soweit sein.
Es gibt nur eine bestimmte Lebenszeit, in der du wertvoll bist für die Branche.
Tatjana Schäfer
Wobei: Sie ist jetzt 27 Jahre, steckt derzeit das meiste Geld in die Trainings und weiß: „Es gibt nur eine bestimmte Lebenszeit, in der du wertvoll bist für die Branche.“ Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen sind jünger als Tatjana; das hat sie allerdings nicht davor abgeschreckt, diesen mutigen Schritt zu gehen. In Berlin hat sie gerade in der Tanzszene viele Kontakte, hat auch Klassenkameraden aus ihrer Schulzeit in Hameln dort schon wieder getroffen und sagt – nicht vorwurfsvoll, sondern mit einem Lächeln auf den Lippen: „Von der Kleinstadt habe ich erstmal die Nase voll.“
Für Workshops kommt sie zurück nach Hameln
Ein komplettes Zurück nach Hameln wird’s somit nicht geben. Ihre Wohnung in der Rattenfängerstadt, die sie erst 2021 gekauft und im vergangenen Jahr kernsaniert hatte, hat sie vermietet, an Berlin liebt sie „alles zu jeder Zeit machen zu können“. Kontakt nach Hameln hat Tatjana, die drei Jahre lang die Beachbar „The Heach“ mit führte und auch noch Geschäftsführerin vom „Burgerschmied“ ist, natürlich weiterhin. „Ich überlege, jeden letzten Sonntag im Monat für meine ehemaligen Tanzschüler einen dreistündigen Workshop zu geben.“ Der Erste ist am 26. Februar geplant. Dann allerdings in anderen Räumlichkeiten und nicht mehr im Spiegelsaal, ihrer Hamelner Tanzheimat, die ihr über die Jahre soviel gegeben hat – und der sie auch viel zu verdanken hat. Sonst wäre sie vielleicht heute nicht da, wo sie jetzt ist.
Fotos: Carsten Seidel / Chris Kursikowski / Tatjana Schäfer