Es ist jetzt etwas mehr als drei Jahre her, also Ronja quasi eine Idee hatte, eine Vision, einen Gründerinstinkt: In der Social Media-Plattform TikTok, damals schon bekannt, aber noch längst nicht so wie heute, sah sie Potenzial. Dank ihres BWL-Studiums in Kopenhagen und Göttingen sowie Auslandsjobs in Russland, Südkorea und Singapur, wusste sie, was ankommt bei der Generation Z, jenen, die in den 2000ern geboren sind.
Ihr erster Kanal bei TikTok dreht sich um Sexualität
Doch erst einmal hat Ronja nach ihrem Studium sehr schnell wachsende Start-Ups in Marketing- und Personaltätigkeiten unterstützt. „Das waren coole Jobs“, sagt sie heute. Aber vor dreieinhalb Jahren, in Berlin, war es dann soweit: Sie gründet ihr eigenes Unternehmen und betreibt seitdem mit „hands on V“ einen Themenkanal auf TikTok. In kurzen Videos im Hochformat geht es um: Sexualität. Mittlerweile folgen dem Kanal 700.000 Menschen in den sozialen Medien und im Schnitt erreichen die Videos 40 Millionen Klicks im Monat. Das Schweizer Boulevard-Blatt Blick schreibt: „Ronja Dornfeld feiert mit ihrem TikTok-Account rund um die Sexualität großen Erfolg.“
Ich bin da so reingewachsen und hatte Glück und Mut.
Ronja Dornfeld
„Ich bin da so reingewachsen und hatte Glück und Mut“, sagt Ronja. Zusammen mit ihrem Team aus sechs Content Creatorn und Vetriebsexperten setzt sie sich auf ihrem Themenkanal für einen sensiblen und unterhaltsamen Umgang mit Sexualität ein. Sie selbst tritt dabei weniger in Erscheinung. Mittlerweile hat sie eine zweite Marke aufgebaut, mit der sie einen Karriere-Themenkanal betreibt. Ronja sagt: „Gesellschaftliche Themen funktionieren sehr gut.“ Was sie von Influencerinnen und Influencern unterscheidet: Sie gibt weder Lifestyle- noch Koch- und Schminktipps aus der heimischen Wohnung, sondern sucht nach Themen, die für junge Menschen auf TikTok interessant sind. „Die Boomer gehen in Rente, die Generation Z betritt mit neuen Bedürfnissen den Arbeitsmarkt.“
Ronja weiß: Die junge Generation möchte anders arbeiten
Und da setzen Ronja und ihr Team an. Zu einen bieten sie den 20 Millionen Nutzern auf TikTok Inhalte, zum anderen schulen sie Unternehmen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Plattform anzuwerben. „Viele Unternehmen haben Angst vor TikTok. Dabei hat die Plattform eine Menge Reichweite, gerade bei jungen Menschen.“ Die verbringen im Schnitt 90 Minuten pro Tag auf TikTok, und konsumieren aktiv Videos, die sie teilen, kommentieren und liken. Die Videos entstehen überall: Ob in Ronjas Studio, draußen oder bei den Unternehmen selbst. Letztens war sie in einer Bäckerei. Die sucht junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und wird sie wohl auch finden, denn: „Arbeitsbeginn ist um 6 Uhr statt mitten in der Nacht und es gibt eine Vier-Tage-Woche.“ Als Marketing- und Personalprof weiß Ronja: Die junge Generation möchte anders arbeiten.
Auch ihren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bietet Ronja flexible Arbeitsmodelle: Wer Home Office macht, kann dies tun; wer ins Studio kommt, wo das Team zusammen Videos erstellt, kommt eben rein. Wer zu ihr ins Team möchte, muss vor die Kamera. „Jeder, der bei mir arbeitet, muss Videos machen können, um es zu verstehen.“ Grundvoraussetzung: Man muss Lust auf die Themen haben, Tabus brechen wollen und eher trockene Inhalte unterhaltsam und informativ darstellen können – am besten in weniger als 30 Sekunden, was derzeit die optimale Länge von viralen Videos ist.
Der erfolgreichste deutsche Tiktoker ist ein Anwalt
TikTok, so Ronja, bietet mehr als nur kurze Tanzvideos. „Der erfolgreichste deutsche TikToker ist ein Anwalt.“ Auch sie selbst zählt mit ihren Themenaccounts zu den Big Playern hier in Deutschland. Doch passiert ist ihr das Unmögliche auch schon mal: „Als ich mich einloggen wollte, war plötzlich unser Account gelöscht.“ Gerade, wenn es um das Thema Sexualität geht, kommt man schnell in Berührung mit den strengen Richtlinien der Plattform. Das positive Feedback der Community und starke Wachstum der Kanäle motiviert aber weiterzumachen. Um möglichst nah den Follower:Innen zu sein, ist das Community Management besonders wichtig: Täglich viele (teilweise mehrere Tausend) Kommentare und Nachrichten lesen und beantworten. Hasskommentare gehören auch dazu, vor allem bei tabuisierten und schambehafteten Themen.
Dass die Zukunft, vor allem der Werbung, bei Influencerinnen und Influencern liegt, sei klar: Wer noch auf den Zug im Internet mit aufspringen möchte, sollte sich Nischenthemen suchen. Sie selbst kennt mittlerweile viele Content Creator, die aus der Pflege oder dem Handwerk kommen, die sich ihren Lebensunterhalt jetzt durch soziale Medien finanzieren. Ronja glaubt: „Content Creator wird ein super relevanter Job werden.“
Fotos: Ronja Dornfeld / Screenshots TikTok