In 2020 mussten wir gänzlich auf den Weihnachtsmarkt in Hameln verzichten. Auch in 2021 ist es noch ein besonderes Gefühl, als meine Freundin Jasmina und ich uns am Eingang des Marktes an der Hütte anstellen, die uns das wertvolle „2G-Bändchen“ ausstellt. Das Bändchen ist unsere Eintrittskarte zu den zahlreichen Buden auf dem traditionsreichen Markt in der Hamelner Innenstadt. Vor unserem Besuch hier beschleicht uns noch das mulmige Gefühl, ob es okay ist, in diesen Zeiten tatsächlich einen Weihnachtsmarkt zu besuchen. Aber als wir ankommen, ist die Fußgängerzone rund um das Hochzeitshaus gerade so mit Menschen gefüllt, dass wir uns weder verloren noch bedrängt fühlen. Kurzum: Wir fühlen uns sicher und langsam kommt Weihnachtsstimmung auf.
Zeit über den Weihnachtsmarkt zu streifen und an der ein oder anderen Bude einzukehren. Dabei kommen wir mit einigen von deren Besitzern ins Gespräch. Ob Winzer-Glühwein oder gefüllte Pizza, der klassische Crêpes oder feines Kunsthandwerk – alles ist hier zu finden.
Ete’s Hütte: Das Urgestein vom Hamelner Weihnachtsmarkt
An Ete’s Hütte, einem Urgestein des Hamelner Weihnachtsmarktes, kommen wir direkt mit Karolin Hodko, der Schwiegertochter von Ete ins Gespräch. Die Weihnachtsmarktbude gibt es bereits seit 40 Jahren. Ete und ihr Mann Zlatko führten lange Jahre den Balkan Grill. Einige kennen das kroatische Restaurant vielleicht noch aus Kindertagen. Mit der Hütte gilt die Familie als Mitbegründer des Hamelner Weihnachtsmarktes. Damals stand sie noch direkt vor dem zugehörigen Restaurant. Heute wird sie unter anderem von Zlatkos Sohn René und seiner Frau Karolin geführt. Aber im Endeffekt ist die gesamte Familie in den Betrieb eingebunden.
In Vorbereitung auf den Weihnachtsmarkt packen alle mit an, um die rund 60 Kilogram Spritzgebäck zu backen, die in der Bude neben diversen Getränken angeboten werden. Karolin erzählt uns, dass man hier das Traditionelle „einfach und ohne viel Chichi“ finden kann. Ganz sympathisch finden wir, dass tagsüber Schulausflüge hier besonders willkommen sind und die Kinder dann gern mit Kakao zum kleinen Preis bewirtet werden. Unser Tipp an dieser Bude neben dem angebotenen Winzerglühwein: Der „Zlatko Spezial“ – ein heißer Slivovic mit kandiertem Zucker.
“Heiße Oma” und Glühwein mit “Rattenaugen” trinken bei Frevert’s Brutzelhütte
In normalen Zeiten bietet Frevert’s Brutzelhütte neben Getränken auch Speisen wie Folienkartoffel oder regionale Bratwurstspezialitäten mit Lamm oder Wild an. In diesem besonderen Jahr hat sich das Team auf Getränke spezialisiert. Wer nicht immer nur standardmäßig Glühwein bestellen möchte, ist hier richtig. Wir probieren an dieser Bude Getränke mit ausgefallenen, kreativen Namen.
Zum Beispiel könnt ihr hier „Heiße Oma“ bestellen, eine weiße Schokolade mit Likör 43, Sahne und Eierlikör oder auch das Getränk mit dem schönen Namen „Pervers“, das vom Geschmack her an Spaghetti-Eis mit Alkohol erinnert. Sehr lecker und mal eine gute Alternative auf dem Weihnachtsmarkt. Es enthält übrigens „Rattenaugen“, was euch nicht sofort in die Flucht schlagen sollte. „Rattenaugen“ sind in Likör eingelegte Kirschen, die dem Getränk das gewisse Etwas liefern. Alternativ könnt ihr auch gern einen einfachen Glühwein mit „Rattenaugen“ bestellen.
Wie das Hamelner Handbrot vom Herbstmarkt auf den Weihnachtsmarkt in Hameln kam
Timo Drollinger und Tatjana Schäfer haben in Hameln so einige Eisen im Feuer und an der Bude „Hamelner Handbrot“ ist es eben das besagte Brot. Tatjana bezeichnet sie liebevoll als „Wanderbäckerei“, in der die beiden mit ihrem Team seit 2017 frisch gebackenes Brot mit Käse und Schinken oder auch mit Käse und Champignons anbieten.
Angefangen hatten sie vor Jahren mit einem Stand auf dem Hamelner Herbstmarkt, wo sie Federweißer anboten. Dadurch entstand der Kontakt zu einem Bio-Winzer aus der Pfalz, der auch heute noch die Weine für den Glühwein an diesem Stand liefert. Aber auch Honig- und Kirsch-Met haben sie heute im Angebot. Unser Tipp an diesem Stand ist der weiße Glühwein mit Orange und Ingwer; oder ihr probiert dort mal den Gin-Punsch.
Blumen Ehlerding: Seit über 30 Jahren auf dem Hamelner Weihnachtsmarkt
Wer jetzt denkt, dass man an diesem Stand noch schnell ein festliches Weihnachtsgesteck oder ähnliches findet, liegt falsch. Tatsächlich hatten Susanne Ehlerding und ihr Mann vor gut 32 Jahren mit einer zum Geschäft passenden Bude auf dem Weihnachtsmarkt angefangen. Susanne Ehlerding muss schmunzeln, als sie uns erzählt, wie von Jahr zu Jahr der Umfang an Floristik an ihrem Stand auf der einen Seite schrumpfte und auf der anderen Seite der Umfang an Getränken zunahm. „Eigentlich gehören Stände mit einem solchen Angebot ja dazu, aber die Kunden wollen auf dem Weihnachtsmarkt doch hauptsächlich gesellig zusammen sein“, sagt sie.
Foto: Ines Krawinkel
Und das kann man hier wirklich sehr gut, denn es gibt zwei offene, überdachte Bereiche, in denen kleine Grüppchen von Menschen zusammenstehen und lachen. Hier kann man sich bei Bedarf auch gern ein Eckchen reservieren. Die Spezialität dieser Bude ist ein Getränk namens „Schatzerl“. Dabei handelt es sich um einen Haselnusslikör, der mit einer Manner-Waffel serviert wird und dessen zugehöriges Ritual uns ein bisschen an den Ablauf eines Tequila-Shots erinnert. Schmeckt wirklich lecker und weihnachtlich.
Heinrichs Glüh-Eck: Fruchtweine aus eigener Herstellung
Auch die Weihnachtsmarktbude von Heinrich zur Heide hat eine lange Tradition hinter sich. Bereits seit 1979 ist er auf Hamelner Festen in der Innenstadt vertreten. Seit sieben Jahren ist er auch beim Weihnachtsmarkt mit am Start. Hier bietet er Fruchtweine aus eigener Herstellung an. Heinrich ist eigentlich Landwirt und baut das in seinen Weinen verarbeitete Obst zum größten Teil selbst an. Die Bude ist ein Hobby von ihm. „Als Landwirt erlebt man nur langfristigen Erfolg, mit dem Stand hier habe ich mir den Traum erfüllt, auch kurzfristige Erfolge zu erleben“, sagt er.
Sein eigenes Lieblingsgetränk ist der hier angebotene Met, aber seine Renner bei den Kunden sind die Erdbeer- und Rhabarberweine. Wir finden allerdings, dass der Holunderlikör „Heißes vom Deister“ nach dem Rezept seiner Großmutter auch sehr gut schmeckt. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit wird dieser übrigens mit einer Makkaroni als Strohhalm serviert. Sehr kreativ!
Wir hoffen, dass wir euch mit diesem Bericht ein paar Inspirationen bieten und ein bisschen in Weihnachtsstimmung versetzen konnten. Besucht den Markt unter Einhaltung der vorgegebenen Corona-Regeln, solange er noch geöffnet bleiben darf, und unterstützt die Händler damit.
Foto: Chris Kursikowski